Die Musikliebhaberin organisiert von Wittmannsgereuth aus Orgelfahrten mit dem renommierten Frauenkirchen-Kantor Matthias Grünert.
Eine gute Viertelstunde braucht, wer mit dem Auto von Saalfeld aus nach Wittmannsgereuth will. Knapp zehn Kilometer Wegstrecke trennen das zur Verwaltungsgemeinschaft Saalfelder Höhe gehörende 87-Seelen-Dörfchen von der Kreisstadt. Und dennoch ist es eine andere Welt dort oben, knapp 350 Meter über Saalfeld, wo schiefergedeckte Häuser bereits den Thüringer Wald erahnen lassen. Wittmannsgereuth, das ist seit 1991 das Zuhause von Christiane Linke, Jahrgang 1958, verwitwet, Mutter zweier erwachsener Kinder, zweifache Oma. Die gelernte Kinderkrankenschwester wurde in Rudolstadt geboren, wuchs in Bad Blankenburg auf und ist in den Saalfelder Thüringenkliniken in der Verwaltung tätig.
Sie findet es „schön, dass es in Wittmannsgereuth so ruhig ist, und dass ich trotzdem in einer Viertelstunde mitten in Saalfeld bin.“ Vieles funktioniere im Dorf oft „einfach über den Gartenzaun“. Und mit Siegfried Bauer habe Wittmannsgereuth einen engagierten Ortsteilbürgermeister, der vieles möglich mache. Landschaftlich sehr reizvoll sei die Region, in der „über Jahrhunderte“ Eisenerzbergbau betrieben worden war, unter anderem für die Maxhütte. Hiervon zeugt etwa das Besucherbergwerk Mellenstollen mit angrenzendem Waldhotel und Restaurant in Familienhand.
Zu den zwei Details, die beim Eintreten in Christiane Linkes Wohnzimmer sofort ins Auge fallen, gehört zum einen ein Prachtexemplar von grau getigertem Kater und zum anderen eine silbern glänzende Orgelpfeife an der Wand.
Gleichsam eine Art „zweites Wohnzimmer“ ist die 2008/ 2009 renovierte Wittmannsgereuther Dorfkirche, in deren unmittelbarer Nähe sich das Wohnhaus Christiane Linkes befindet. Als Gemeindekirchenrätin der zum Kirchenkreis Rudolstadt- Saalfeld gehörenden evangelisch-lutherischen Gemeinde Hoheneiche und Mitglied der Kreissynode liegen ihr die Kirchen ihrer Region, und selbstverständlich jene in Wittmannsgereuth, besonders am Herzen. Die Dorfkirche verfügt über eine Gerhard-Orgel aus Lindig bei Kahla, die 1776 gefertigt und ein Jahrhundert später grundlegend umgebaut worden war. „Sie ist sehr grundtönig und dient zur Gemeindebegleitung“, erklärt Linke.
Kirche, das ist für Christiane Linke auch ein Ort, an dem neben ihrem christlichen Glauben auch ihre Liebe zur Musik einen Platz hat.
In Bad Blankenburg hatte sie im Kinderchor gesungen und war Mitglied in der Nikolaikantorei gewesen. Für die Orgel, die unter anderem Wolfgang Amadeus Mozart als die Königin aller Instrumente befunden hatte, begann sie sich schon früh zu begeistern. Ihre Freundin war noch dazu Pfarrerstochter; da ging sie in der Kirche gleichsam ein und aus.
„Die Orgel bildet ein ganzes Orchester ab“, schwärmt Christiane Linke mit Honoré de Balzac, der gesagt hatte: „Die Orgel ist ohne Zweifel das größte, das kühnste und das herrlichste aller von menschlichem Geist erschaffenen Instrumente. Sie ist ein ganzes Orchester, von dem eine geschickte Hand alles verlangen, auf dem sie alles ausführen kann.“
Seit 2007 organisiert Christiane Linke über ihre Kirchgemeinde Orgelfahrten durch ganz Thüringen und darüber hinaus. Die „geschickte Hand“ im Balzacschen Sinne ist hierbei Matthias Grünert, der erste Kantor der Dresdner Frauenkirche. Die Idee zu den Orgelfahrten war 2005 im Zusammenhang mit der „OrgelArena“ in Erfurt, Weimar und Jena entstanden. Aufmerksam geworden war Christiane Linke durch ihre Tochter Claudia. Inzwischen ist Matthias Grünert ein Freund der Familie – und eben jene „geschickte Hand“ bei den Orgelfahrten. „Die Zusammenarbeit mit ihm hat sich stetig weiterentwickelt“, freut sich Christiane Linke.
Doch was ist eigentlich eine Orgelfahrt? „Bei einer Orgelfahrt ziehen wir von Orgel zu Orgel. An jedem Ort gibt es ein kleines oder großes Konzert – je nachdem, was das jeweilige Instrument zulässt“, erklärt Projektorganisatorin Christiane Linke. Am Zustandekommen einer solchen Orgelfahrt sind viele helfende Hände beteiligt. So nimmt Matthias Creutzberg aus Pößneck regelmäßig die Medienarbeit in Angriff.
Bei den Orgelfahrten kann prinzipiell jeder mitmachen. Der Eintritt ist frei. Bei Veranstaltungen im kleineren Rahmen reisen die Besucher mit dem eigenen Auto an, wobei sich hier aber oft Fahrgemeinschaften bilden. 2018 soll es unter anderem nach Gera, Franken, in die Rhön, nach Ilmenau und durch den Saale-Orla-Kreis gehen. Einmal jährlich organisiert das Team eine große Fahrt mit Bus, Übernachtung und Essen – 2017 ging es durch den Thüringer Wald. Hierfür ist natürlich eine Voranmeldung nötig. „Wir versuchen immer, die Orgellandschaft in der Region zu spiegeln, von der kleinen historischen Orgel einer Dorfkirche bis hin zum großen historischen Instrument einer Stadtkirche“, betont Christiane Linke: „Gerade unsere Dorfkirchen sind reich an Schätzen, die es oftmals nur zu entdecken gilt.“